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Geotechnik

Die Geotechnik ist ein klassisches Fachgebiet des Bauingenieurwesens und gliedert sich u.a. in die Bereiche Bodenmechanik, Felsmechanik, Erdbau und Grundbau. Schwerpunkt der Geotechnik ist die Thematik Boden und Grundwasser in der Interaktion mit dem Bauen bzw. dem Bauwerk.

Die Errichtung von Bauwerken stellt einen Eingriff in den Boden dar und erfordert geotechnische Lösungen um die Bauwerkslasten sicher in den Untergrund abzutragen. Beim Bauen in die Tiefe, im Wasser oder in Wassernähe und insbesondere bei der Gründung von Bauwerken sind detaillierte Kenntnisse über den Schichtenaufbau und das Verhalten des Untergrundes, der durch das Bauen eine zusätzliche Belastung erfährt, erforderlich.

Als Ingenieurwissenschaft hat die Geotechnik eine hohe Bedeutung. Insbesondere durch die immer höher werdenden Qualitätsstandards im Bauwesen sind geotechnische Planungen unabdingbar. Die Standsicherheit und die Gebrauchstauglichkeit eines geplanten Bauwerkes sind sorgfältig zu prüfen. Vor der Realisierung eines Bauwerkes ist stets der Boden hinsichtlich seiner Tragfähigkeit zu untersuchen. Dementsprechend sind – auf das vorgesehene Bauvorhaben abgestimmte – Baugrunduntersuchungen sorgfältig durchzuführen.

Für die Errichtung eines Gebäudes stellen sich zunächst, die für den Grundbau klassisch relevanten Fragen, z.B. wie tief die Fundamente zur Erreichung des tragfähigen Baugrundes geführt werden müssen, ob ein Bodenaustausch notwendig wird oder möglicherweise tief gegründet werden muss.

Bei Baustellen mit direkt angrenzenden Nachbargebäuden – wie es in Großstädten z.B. in Berlin oder Hamburg häufig der Fall ist, um vorhandene Grundstückslücken zu schließen – sind die Altgründungen zu beachten, woraus sich wichtige Punkte über die Verfahrensweise zur Sicherung der Bestandsgebäude, der Baugrube und zur Gründung des neuen Bauwerkes ableiten.

Ist beispielsweise eine Gebäudesanierung mit Kellertieferlegung vorgesehen, so ist im Vorfeld prinzipiell eine sorgfältige Bestandsaufnahme der vorhandenen Altgründung und die Erkundung des Baugrundes notwendig, um die grundbaustatische Planung gewissenhaft vorzunehmen.

Auch muss Klarheit über das Grundwasser oder wasserführende Bodenschichten bestehen, um die Gründungstechnik und weitere Bauausführung (Wasserhaltung, Bauwerksabdichtung etc.) zielgerichtet planen zu können.

Bei Böschungen und Dämmen bestimmt allein die Nutzung des Baustoffs „Boden“ und die damit verbundenen Fragen zur Standsicherheit die geotechnische Ingenieurpraxis.

Weitere Aspekte ergeben sich auch bzgl. des Umgangs mit dem vorhandenem Bodenmaterial. Durch frühere Nutzungen, z.B. bei Grundstücken mit industrieller Vorgeschichte, sind Bodenverunreinigungen und eventuelle Altlasten nicht selten. Ein Entsorgungsmanagement und Flächenrecycling ist bei größeren Bauvorhaben oftmals notwendig. Orientierende umweltgeotechnische Bodenuntersuchungen im Vorfeld von Baumaßnahmen ergeben schon erste Hinweise, ob ein diesbezüglicher Handlungsbedarf besteht.

Durch die komplexe Interaktion zwischen Baugrund und Bauwerk bzw. auch der Bautechnologie ist es gerade in der Vorplanungsphase zwingend notwendig, das Bauherren, Bodengutachter, Architekt und Tragwerksplaner eng zusammen arbeiten, um eine kostenoptimierte Lösung für diese Interaktion zu erarbeiten. Dieses Planungspotential wird meistens unterschätzt, so dass versäumte Vorplanungen meist nur mit einem enormen Kostenaufwand ausgeglichen werden können.

Das Baugrundgutachten / Bodengutachten sollte daher möglichst frühzeitig eingeholt werden.

Baugrundaufschlüsse – Ein allgemeiner Überblick

Baugrundaufschlüsse – Bohrungen

Es gibt verschiedene Verfahren um Bohrungen zur niederzubringen. Zur Beschreibung der detaillierten Probenahme wird an dieser Stelle auf die DIN EN ISO 22476 – 1 und auch auf die „gute alte“ DIN 4021 verwiesen.

Für den Praxisalltag im Baugrund-Ingenieurbüro kommen für direkte Baugrundaufschlüsse zusammenfassend folgende Verfahren infrage:

A) Baugrundbohrungen

(Aufschlussbohrungen bzw. Erkundungbohrungen)

übliche Durchmesser 50mm < D < 300mm

Abteufen: mittels schwerer Geräteeinheit / entsprechende Bohranlage erforderlich

B) Kleinbohrungen

(Rammkernbohrungen bzw. Rammkernsondierungen)

übliche Durchmesser 30mm < D < 80mm

Abteufen: i.d.R. mittels Motorbohrhammer / Elektrobohrhammer

C) Kleinstbohrungen

(Nutstangen / Schlitzsondierungen)

Durchmesser D < 30mm

Abteufen: manuell per Hand, ggf. mit pneumatischem Rammbär

D) Handdrehbohrungen

unterschiedliche Durchmesser zur Entnahme oberfächennaher Proben

E) Sonstige Bohrungen

z.B. als Kernbohrung zum Aufbrechen versiegelter Oberflächen, z.B. bei Betonoberflächen, Hindernissen etc.

Oftmals werden Rammkernbohrungen, auch als Rammkernsondierungen bezeichnet, zur Baugrunderkundung eingesetzt. Hierbei handelt es sich um Kleinbohrungen (Kategorie B), die je nach anstehender Bodenschichtung bis in Tiefen von etwa 10m i.d.R. gute Ergebnisse (gestörte Probenahme) für die Baugrundbeurteilung liefern. Rammkernsondierungen werden oftmals mittels Motorbohrhammer oder Elektrobohrhammer in den Boden getrieben. Diese Methode gilt als bewährtes und kostengünstiges Verfahren zur Durchführung von Baugrunduntersuchungen.

Bei tieferen Aufschlüssen sind zur gesicherten Probenahme Baugrundbohrungen (Kategorie A) empfehlenswert. Im Bereich von Innenstädten, wie beispielsweise in Berlin, in denen, bedingt durch Kriegsschäden und ehemalige Abrissmaßnahmen, oftmals kompakter Trümmer- bzw. Bauschutt im Untergrund vorhanden ist, gilt dies analog. Den Kleinbohrungen sind bei anstehendem grobstückigem Material Grenzen beim Abteufen gesetzt. Ausreichende Probemengen und eine ungestörte Probenahme (z.B. durch Gewinnung von Sonderproben – Probenahme von der Bohrlochsohle) werden bei verrohrten Aufschlussbohrungen gewährleistet, um gesichert die bodenmechanischen Eigenschaften ableiten zu können. Zur Durchführung solcher Aufschlussbohrungen ist eine entsprechende schwere Geräteeinheit bzw. Bohranlage erforderlich.

Kleinstbohrungen (Kategorie C) sollten nur in Anwesenheit des Baugrundgutachters oder durch Ihn selbst niedergebracht werden. Sie sind ggf. für kleinere Bauvorhaben wie z.B. Einfamilienhäuser oder bei Baugrubenabnahmen geeignet und kommen infrage, wenn die Regionalgeologie und die zu erwartenden Baugrundverhältnisse, ggf. auch aus Alt-Untersuchungen, weitestgehend bekannt sind. Hierbei ist grundsätzlich die Erfahrung des Baugrund-Ingenieurs gefragt, da die zu gewinnende Probenmenge gering ist.

Prinzipiell ist das geeignete Bohr- oder Sondierverfahren in Abhängigkeit der Aufgabenstellung zu wählen. Eine frühzeitige Verfahrensauswahl sollte bereits in der Angebotsphase berücksichtigt werden. Niemanden ist damit geholfen, schon in der Startphase eines Bauvorhabens am falschen Ende zu sparen und möglicherweise Risiken einzugehen. Zur Minimierung des Baugrundrisikos ist der Erkundungsumfang geotechnischer Untersuchungen prinzipiell sorgfältig vorzusehen.

Kosten einer Baugrunduntersuchung

Die Kosten einer Baugrunderkundung

Die Kosten einer Baugrunduntersuchung werden durch die Bauaufgabe bedingt. Eine Pauschalangabe ist hierzu nicht möglich.

Aus Sicht des Bauherrn sind Baugrunderkundungen definitiv nutzbringend hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise. Die anstehenden Bodenschichten, die Grundwassersituation und das Verhalten des Baugrundes werden „berechenbarer“, unabhängig davon, ob durch die Ergebnisse der Baugrunduntersuchungen sich letztendlich Einsparungen ergeben oder diese einen zusätzlichen Kostenaufwand für die tatsächliche Ausführung bedeuten.

Oberster Grundsatz für den beratenden Baugrund-Ingenieur ist in diesem Zusammenhang, die Unabhängigkeit und Neutralität zu bewahren, auch wenn sich aufgrund der festgestellten Ergebnisse der durchgeführten Baugrunderkundung unangenehme Erkenntnisse ergeben – z.B. in Form von nicht erwarteten gering tragfähigen Böden, daraus resultierenden teuren Bodenaustauschmaßnahmen oder die Notwendigkeit von Sondergründungen – die letztendlich mit erheblichen Mehrkosten verbunden sind, Kosten, die vorher nicht einkalkuliert waren.

Die erkundeten Baugrundverhältnisse sind nicht „schön zu reden“ !

Grundsätzlich geht es darum, durch eine Baugrunduntersuchung Sicherheiten zu schaffen und Risiken zu minimieren. Wo dies nicht erfolgte, kam es in der Vergangenheit nicht selten zu Gründungs- bzw. Bauwerksschäden.

Die Kosten für ein Bodengutachten bzw. Baugrundgutachten liegen gemessen an der Gesamtbausumme erfahrungsgemäß in der Größenordnung von lediglich 1 bis 2 %, oftmals und insbesondere bei kleineren Bauvorhaben sogar darunter. Der Preis für ein Baugrundgutachten / Bodengutachten ist hinsichtlich seiner Bedeutung und der zur Verfügung gestellten Informationen daher als gering anzusehen.

Der Umfang einer Baugrunderkundung

Der Umfang einer Baugrunderkundung

In welchem Umfang eine Baugrunderkundung vorzusehen ist, welche Bohrverfahren und bodenmechanischen Laborversuche zur Anwendung gelangen, wird i.d.R. objektspezifisch gewählt bzw. vorgeschlagen. Hierbei sind u.a. die Beschaffenheit des zu erwartenden Bodens – z.B. aus Kartenmaterial oder vorliegenden Alt-Untersuchungen – sowie die voraussichtliche einwirkende Belastung durch das Bauwerk beachtenswert.

Eine Baugrunderkundung ergibt sich nicht nur zwingend aufgrund von Landes-Bauordnungen oder aufgrund von DIN-Normen sondern einfach heraus aus dem Grund der Risikominimierung bzw. des oftmals zitierten Baugrundrisikos. Jeder Bauherr sollte dieses komplexe Thema nicht unterschätzen. Dies gilt auch für einfache Bauwerke und Behelfsbauten.

Den genauen Umfang einer Baugrunduntersuchung schlägt der Baugrundgutachter (Sachverständiger für Geotechnik) vor, unberührt davon, was Bauherren oder Architekten für notwendig halten. Eine qualifizierte Baugrundbegutachtung vorzunehmen, obliegt dem Baugrund-Ingenieur, um es klar an dieser Stelle zu benennen.

Zeitnahe Informationen zum geplanten Bauwerk sind die Basis eines zielgerichteten Angebotes und der ordnungsgemäßen Durchführung von geotechnischen Untersuchungen. Besonders detaillierte Baugrund- und Bodenuntersuchungen sind erforderlich, wenn im Vorfeld schon abzusehen ist, dass sich gering tragfähige Schichten wie z.B. Torf, Faulschlamm, weiche Tone oder inhomogene Auffüllungen zeigen werden. Diese sind in ihrer Mächtigkeit abzugrenzen. Der Baugrund und die Realisierbarkeit der standsicheren Einbindung des Bauwerks bei Vorhandensein gering tragfähiger Böden ist prinzipiell genau zu prüfen.

Grundsätzlich sind im Vorfeld alle Informationen – unter Einbeziehung mündlicher als auch schriftlicher Aussagen aus ggf. vorhandenen Alt-Unterlagen – zusammenzutragen und zu prüfen, was über die Bodenbeschaffenheit und sonstige Einlagerungen im Baugrund (z.B. Leitungen) bereits bekannt ist.

Planer, die vor der Errichtung eines Bauwerkes den Baugrund nicht untersuchen lassen, ggf. auch nicht ihrer Hinweispflicht über die Notwendigkeit einer Baugrunduntersuchung gegenüber dem Bauherrn nachkommen, sind aus ingenieurwissenschaftlicher und möglicherweise auch aus rechtlicher Sicht in Frage zu stellen.